TTArtisan 250mm f5.6 – Spiegelobjektiv

TTArtisan scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, einige sehr beliebte, einzigartige und seltene Objektive zu nehmen, für die auf dem gebrauchtmarkt horrende Preise gezahlt werden, und diese einfach nachzubauen. Das hat mit dem 100mm Bubble Bokeh Objektiv schon gut geklappt, das eindeutig einem Meyer Optik Görlitz Trioplan nachempfunden wurde. Jetzt hat man sich wohl das Minolta RF Rokkor 250mm f5.6 mal genauer angeschaut und gedacht “Das können wir doch auch!”. Immerhin werden dafür in den einschlägigen Portalen teilweise bis zu 1.000 € angesetzt.

TTArtisan verlangt nicht ganz so viel und möchte lediglich 369,- € von euch für dieses Objektiv haben. Ob die sich lohnen für eine Festbrennweite, bei der man außer dem Fokus nichts verstellen kann? Denn die Blende ist bei dieser Bauart tatsächlich starr. Es geht nur f5.6 und sonst nichts.

Verarbeitung

Ich war bei ersten Auspacken meines Pakets etwas verwundert. Denn bisher kannte ich nur die günstigen Festbrennweiten von TTArtisan und die kamen immer in einer wirklich hübschen, schwarz-grauen Box. Dieses hier nicht. Es kommt ohne viel Umfang in einer recht lieblosen Hochglanzpapp-Schachtel. Auch sonst ist im Lieferumfang nichts weiter enthalten. Was die Präsentation angeht, also schon mal ein Rückschritt. Der ist aber schnell vergeben, wenn man das Objektiv in die Hand nimmt. Das wirkt wieder sehr wertig und hervorragend verarbeitet. Die Retro Optik des Fokusrings sieht nicht nur super aus, sondern ist auch schön griffig. Der Widerstand beim Drehen ist sehr angenehm.

Einfallslose Verpackung

Die Markierungen auf dem Objektiv sind wieder gefräst und mit Farbe versehen. Das dürfte lange Zeit halten und sich nicht so schnell abnutzen. An der Vorderseite gibt es eine mini Gegenlichtblende, die aussieht, als würde sie eigentlich fest ans Objektiv gehören. Tatsächlich kann man diese aber abschrauben, was das große Frontelement dann aber schon sehr schutzlos wirken lässt. Ich würde daher dringend davon abraten.

Spiegelobjektiv: Relativ kleine Bauweise für 250mm
Eingravierte Markierungen

Der einzige wirkliche Minuspunkt in diesem Gebiet ist der Objektivdeckel. Und ich weiß schon, was Ihr denkt: Flo regt sich wieder darüber auf, dass er den Deckel schrauben muss. Aber nein! Hier verzichtet TTArtisan tatsächlich auf das Gewinde und gibt einen ganz normalen Deckel mit Federmechanismus dazu. Allerdings wirkt dieser dermaßen billig und flatterig, dass sogar ich mich nach einem Metall-Deckel mit Gewinde zum Schrauben zurückwünsche.

Bildqualität

In diesem Punkt wirds etwas schwierig. Denn eigentlich habe ich kein Problem gewisse Brennweiten und Eigenschaften von objektiven einem Gebrauchszweck zuzuordnen. So ein 50mm f1.2 das offen etwas unscharf ist? Perfekt für Porträts. Das sehr scharfe 10mm f2? Super für Astrofotografie und Landschaften. Ein 150-500mm? Sport und Wildlife, easy. Aber was macht man mit diesem 250mm? Für Wildlife ist es eigentlich nicht weit genug. Ich hatte Glück, dass mir diese Rehe quasi direkt vor die Füße gesprungen sind. Aber Vögel werden schon schwerer.

Reh fotografiert mit TTArtisan 250mm f5.6
Reh im Wald mit 250mm Fotografiert
Vogel mit TTArtisan 250mm f5.6

Für klassische Porträts ist es aber viel zu lang. Da werden Gesichter dann ziemlich plattgedrückt. Was machbar wäre, sind ganzkörper Porträts, da wir ein gutes Maß an Kompression mit dem Hintergrund bekommen. Das kann unter Umständen gute Ergebnisse liefern. Eigentlich ist es dafür dann aber auch allgemein zu unscharf.

Schärfe und vor allem auch Kontrast sind hier leider Mangelware, was den wirklichen Nutzen von so einem Objektiv erheblich einschränkt. Denn auf dem Papier klingt eine sehr kleine Festbrennweite mit ordentlich Brennweite schon verlockend. Aber eben auch nur, wenn dabei Fotos entstehen, die nicht aussehen wie der 10-Fach Zoom am Handy.

Landschaftsaufnahme mit 250mm Spiegelobjektiv
Aufnahme mit TTArtisan 250mm f5.6 Mirror Reflex Lens

Was man allerdings positiv hervorheben muss, ist die Abwesenheit aller anderen Makel. Es gibt weder chromatischen Aberrationen, noch Vignette. Nicht an APS-C und auch nicht an Vollformat. Und dann ist da natürlich noch das markante Bokeh. Sicherlich eines der auffälligsten Merkmale von so einem Spiegelobjektiv. Richtig eingesetzt kann es durchaus ein toller Effekt sein, allerdings sorgt er bei manchen Objektiven auch für einen sehr unruhigen Hintergrund.

Donut Bokeh bei 250mm und Naheinstellgrenze
Ungewöhnlich aber auch störend: Donut Bookeh

Fazit zum TTArtisan 250mm f5.6

Was bleibt also bei einem Objektiv, das eigentlich nur ein Gimmick hat? Der Spaß.
Mit dieser hübschen kleinen Tonne auf Tour zu gehen und zu experimentieren macht vor Allem Spaß. es ist einfach ein anderer Bildlook, der dazu animiert, mal etwas zu neues auszuprobieren und einfach mal zu schauen was so passiert. Das hat man weniger Objektiven, bei denen der Einsatzzweck direkt klar definiert ist.

Trotzdem bleibt fraglich, wie schnell sich dieser Reiz dann abnutzt und ob es tatsächlich öfter in der Kameratasche landet. Wer sich auf jeden Fall freuen dürfte, sind eben alle, die bereits auf ein Minolta RF Rokkor 250mm f5.6 geschielt haben und von den Preisen abgeschreckt wurden. Da wir bei der TTArtisan Variante nur ein M42 Gewinde als Anschluss haben, ist es per Adapter für alle gängigen Anschlüsse geeignet. Damit dürfte auch der Gebrauchtmarkt interessant für Interessenten werden.

Gegenlicht Aufnahme bei 250mm
Nahaufnahme mit TTArtisan 250mm f5.6 Spiegelobjektiv
(Visited 89 times, 1 visits today)
Total
0
Anteile
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Vorheriger Artikel
Pergear 25mm f1.7 für Fujifilm

Pergear 25mm f1.7 - manuelles Mini-Objektiv mit Retro-Charme - Erfahrungsbericht

Nächster Artikel

Weiter gehts bei Calumet!

zusammenhängende Posts