Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit, in der es für jedes Kamerasystem meist genau ein „günstiges“ 85mm-Objektiv und ein bis zwei hochpreisige Alternativen gab. Oder eben nur eine manuelle Variante ohne Autofokus. Heute ist das Angebot an 85mm-Objektiven kaum noch zu überblicken – es gibt sie in nahezu allen Preis- und Leistungsklassen. Oftmals bekommt man genau das, wofür man bereit ist zu zahlen: ein günstiges Modell für ein paar hundert Euro mit deutlichen Einschränkungen oder eine echte Premiumlinse für einen vierstelligen Betrag. Spannend wird, wie sich das Rollei 85mm f1.8 nun in dieses Angebot einfügt.
Dass sich Rollei bei der Wahl ihres ersten eigenen Autofokus-Objektivs ausgerechnet dieses Segment ausgesucht hat, ist durchaus mutig. Aber vielleicht haben sie es tatsächlich geschafft, ein Objektiv mit Premium-Leistung zum Schnäppchenpreis zu entwickeln? Finden wir es heraus.
Verarbeitung
Bevor wir über die Verarbeitung sprechen, werfen wir einen Blick auf den Preis: 299 € für alle, die das Objektiv zur Vorbestellung erworben haben. Auch aktuell ist es teilweise noch zu diesem Preis zu bekommen. Der reguläre Verkaufspreis liegt bei 349 € – und das macht das Objektiv in seiner Klasse schon sehr attraktiv.

Was man dafür geboten bekommt:
- Vollmetall-Gehäuse mit feiner Struktur
- AF/MF-Schalter
- USB-C-Schnittstelle im Bajonett für Firmware-Updates
- Breiter, geschmeidig laufender Fokusring
- Programmierbare Funktionstaste
- 62mm Filtergewinde
- HFT-X-Mehrschichtvergütung zur Reduktion von Ghostings und Flares
- Optischer Aufbau: 10 Elemente in 7 Gruppen
- 11 abgerundete Blendenlamellen
Eine offizielle Wetterfestigkeit konnte ich in den technischen Daten nicht finden. Allerdings ist am Bajonett eine kleine Gummilippe verbaut, die zumindest vor Spritzwasser schützen sollte. Bei leichtem Nieselregen hätte ich also keine Sorge, das Objektiv einzusetzen.
Optisch wirkt das Rollei 85mm f1.8 sehr hochwertig. Das Rollei-Logo als Plakette auf dem Objektiv finde ich charmant, allerdings etwas zu groß geraten. Aber wenn ich dafür ein günstiges Objektiv mit solider Leistung bekomme, kann ich darüber hinwegsehen. Den orangefarbenen Ring an der Front finde ich wiederum gelungen – er sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert.
Ein kleines Manko betrifft die Nikon-Variante: Hier fehlt der Blendenring, den es bei der Sony-Version gibt. Gerade bei einem klassischen Porträtobjektiv wäre das ein schönes Detail gewesen und hätte die Ausstattung perfekt abgerundet.
Bildqualität des Rollei 85mm f1.8
Bei vielen günstigen 85mm-Objektiven muss man Abstriche machen. Entweder die Schärfe lässt zu wünschen übrig, chromatische Aberrationen (CAs) treten deutlich hervor oder die Vignettierung ist stark ausgeprägt.
Doch das Rollei überrascht hier positiv:
- Schärfe: Bereits bei Offenblende ist die Schärfe sehr gut nutzbar, und das über das gesamte Bildfeld hinweg – selbst in den Ecken. Für Porträts ist das ideal, aber auch in anderen Situationen überzeugt die Detailzeichnung.
- Chromatische Aberrationen: Diese sind äußerst gering ausgeprägt. Selbst im Gegenlicht oder bei starken Kontrasten (z. B. Wasseroberflächen in der Sonne) treten sie nur minimal auf. In Alltagssituationen spielen sie kaum eine Rolle.
- Vignettierung: Leicht sichtbar bei f/1.8, aber nicht störend. Wer möchte, kann sie sogar bewusst als Stilmittel nutzen. Abgeblendet verschwindet sie fast vollständig.
- Bokeh: Das Bokeh ist angenehm weich und ruhig. Lediglich ein leichter Katzenaugeneffekt bei Offenblende fällt auf – in dieser Preisklasse völlig normal.
- Flares & Ghostings: Hier zeigt das Objektiv seine Schwäche. Bei starkem Gegenlicht kommt es zu deutlichen Überstrahlungen und teils regenbogenfarbenen Flares. Das lässt sich durch die Wahl des Bildwinkels zwar etwas kontrollieren, bleibt aber die einzige echte Schwachstelle.
Fazit zum Rollei 85mm f1.8
Meiner Meinung nach ist das Rollei 85mm f1.8 ein sehr gelungener Einstieg in den Objektivmarkt mit Autofokus. Besonders im Nikon-Z-System ist die Auswahl an preiswerten 85mm-Objektiven bisher überschaubar. Neben den deutlich teureren Nikon-Linsen gab es bisher fast nur das Viltrox 85mm f1.8 – ein solides, aber mittlerweile etwas in die Jahre gekommenes Objektiv. Gerade in Sachen Schärfe und chromatischer Aberrationen hat das Rollei hier spürbare Vorteile.
Für Sony-Fotografen mag die Konkurrenz größer sein, aber auch dort punktet das Rollei durch ein starkes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Wer ein günstiges und dennoch hochwertiges Porträtobjektiv sucht, das sowohl in Verarbeitung als auch Bildqualität überzeugt, kann hier bedenkenlos zugreifen.
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