Kurz nachdem ich ein paar Testshootings mit dem TTArtisan 56mm f1.8 hinter mir hatte und durchaus positiv überrascht war, flatterte ein Newsletter von TTArtisan in mein Postfach, der das neue 35mm f1.8 AF Version II ankündigte. Ähm, excuse me? Erstens: Wieso Version 2? Was habe ich da verpasst? Und zweitens: Es sollte nur 169 € kosten. Da musste ich nicht lange überlegen. Auch wenn 35mm irgendwie nicht meine Lieblingsbrennweite ist, wollte ich dringend wissen, wie gut sich dieses Autofokus-Objektiv schlägt. Zumal es noch etwas kleiner zu sein schien und damit zu einer noch kompakteren Kombination mit meiner X-T4 werden würde als das 56mm. Also schauen wir uns das TTArtisan 35mm f1.8 AF doch mal etwas genauer an.
Verarbeitung
Eigentlich haben wir hier das 56mm f1.8 von TTArtisan in der Hand, nur dass es etwas gestaucht wurde. Es fehlen also ein paar Zentimeter in der Länge, aber ansonsten wurde das Design ziemlich exakt beibehalten. Meiner Meinung nach ein Pluspunkt. Viltrox hat quasi zur gleichen Zeit ebenfalls ein 56mm und ein 35mm herausgebracht, aber mit Blende f1.7 anstatt f1.8 zu einem sehr ähnlichen Preis. Allerdings sind beide Objektive von Viltrox komplett aus Kunststoff gefertigt. Die TTArtisan-AF-Objektive sind trotz des geringen Preises aus Metall gefertigt und fühlen sich einfach hochwertig an. Da auf leichtes Aluminium gesetzt wurde, wirken sie aber trotzdem überraschend leicht. Dieses Exemplar wiegt gerade mal 176 Gramm.
Der Fokusring ist etwas kleiner geworden, und einen Blendenring sucht ihr vergeblich. Auch sonst gibt es keinerlei weitere Knöpfe am Objektiv, was das Design sehr minimalistisch macht. Mir gefällt das. Dieses Objektiv kommt ohnehin nur zum Einsatz, wenn ich es nicht ganz so ernst meine – also auf Familienausflügen oder Trips, bei denen die Kamera mit den großen, schweren Objektiven ansonsten zu Hause bleiben würde. Da will ich auch nicht groß an der Blende herumstellen und mich mit manuellem Fokus abmühen. Kamera an, zielen, feuern, fertig. Dafür ist so etwas genau richtig.
Der Autofokus arbeitet dabei, wie schon im 56mm f1.8 AF, nicht rasend schnell, aber schnell genug. Manchmal wird etwas gepumpt, und ein leichtes Surren und Fiepen ist in Innenräumen zu hören. Dafür hat er eigentlich immer das getroffen, was ich wollte. Wetterfest ist das Objektiv nicht, aber ein paar kleine Tropfen machen dem kleinen Ding nichts aus – habe ich für euch an der Nordsee getestet.
Bildqualität
Dieser Aspekt ist möglicherweise etwas subjektiver als sonst, da ich mit diesem Objektiv eben auch wieder nur bei Ausflügen unterwegs bin, an die ich keine großen fotografischen Ambitionen habe. Hin und wieder habe ich aber natürlich mal ein Testbild gemacht: Wie gut klappt die Freistellung? Wie sieht die Schärfe im Nahbereich aus? Aber von wirklich technischen Testbildern kann hier eben keine Rede sein.
Ich habe das Gefühl, dass die Leistung ein bisschen hinter dem 56mm f1.8 zurückbleibt. Die Schärfe bei Offenblende ist okay – auf eine gewisse Entfernung. Im Nahbereich sieht es schon recht soft aus, mit einem merklichen “Glow”-Effekt. Blendest du ein wenig ab, nimmt die Schärfe merklich zu, und die Fotos sind sehr brauchbar. Durch die weitere Brennweite ist es natürlich etwas schwerer, eine gute Freistellung zu erzielen, aber mit dem richtigen Motiv klappt das trotzdem ganz gut.
Abblenden hilft auch gegen die doch relativ starke Vignettierung des Objektivs. Ich finde sie hier noch dominanter als beim 56mm f1.8. Auch abgeblendet auf f2.8 oder f3.6 fällt sie noch merklich auf. Immerhin sind chromatische Aberrationen kein allzu großes Thema, und auch Flares sind gut korrigiert. Lediglich direkte Lichtquellen im Bild können etwas unschöne Übergänge erzeugen. Keine Flares im eigentlichen Sinne und auch keine chromatischen Aberrationen, aber eben seltsame “Bleeding”-Effekte.
Fazit zum TTArtisan 35mm f1.8
So ganz genau weiß ich nicht, was ich hier eigentlich erwartet habe. Überzeugen konnte mich das Objektiv nicht ganz so sehr, wie ich es erhofft hatte. Der Bildausschnitt unterscheidet sich nicht allzu sehr vom (meiner Meinung nach) besseren 56mm f1.8 und bietet einige weitere Nachteile, wie die schlechteren Freistellungsmöglichkeiten und die stärkere Vignette. Wer aber lieber mit 35mm unterwegs ist, um etwas mehr von der Szene einzufangen, wird sich wohl trotzdem über ein schönes, kleines Objektiv freuen, das durchaus brauchbare Fotos macht. Wie oft es in meiner Fototasche landen wird, weiß ich nicht. Es ist schon angenehm klein und leicht und daher eine gute Kombination, wenn man mit leichtem Gepäck unterwegs sein möchte. Viel falsch machen kann man bei dem Preis eh nicht.